NEMAČKI

APFEL-FRUCHT

Jabuka

 

Alle Farben der Sonne

Schmücken ihre Schale.

 

Anmut sammelt sich

Auf ihrer Rundung.

Die Stille ferner Hügel

Trat ein durch ihren Stil.

 

Als wäre sie in diesem Augenblick

Gerollt in meine Hände, Bücher …

Einer Geliebten gleich bietet lüstern sie sich an

Vor mir auf diesem Teller.

 

Mit geheimem Schlüssel öffnet meinen Mund sie,

Sonnenwärme sanft ausgießend.

 

GLEISSENDER MONDSCHEIN

Slap

 

Des Nachts lassen wir das Fenster auf und

Das Herz jahrelang. Still wie Götter blicken

Wir aufwärts zu den Sternen, während das Licht

Hinabstürzt ins Meer, ohne jeglichen Laut,

Der über dem Kieselstrand schweben könnte.

Am Himmel leuchtet ein Auge, ein anderes

Kenne ich nicht. Schlaflosigkeit quält uns, während

Wir altern und an den Tod und den Weg denken. Noch

Sind wir scheinbar glücklich. Wir denken an die Sterne

Und lassen das Fenster auf, um hinauf zu sehen.

 

Oft ahnen in solcher Stille wir nicht des Mondes helles

Strahlen wie die Anmut einer Frau, sich mit den weichen

Linien ihres Körpers zeigend, wir ahnen nichts vom

Gleißenden Mondschein, der uns berauscht und vernichtet.

 

DAS MÄDCHEN UND DER SEE

Devojka i jezero

 

Am See die ersten Regentropfen fallen.

Nun öffnen weit die Himmelsschleusen sich.

Geheime Worte muss ich plötzlich lallen;

Der Sonne Glanz, er überraschte mich,

 

Als hätt’ er Müdigkeit und Staub vertrieben.

Goldene Tropfen springen auf und nieder.

Ein wundersames Bild ist mir geblieben,

Rehgleiches Mädchen in samtenem Mieder.

 

In meiner Seele weiter rauscht der Regen.

Ich horche: Vogelruf auf Waldes Wegen.

Es trägt mich heute des Glückes Welle

 

Aus Schmerz und Dunkel hinauf in die Helle.

Luftige Schönheit, du hast mich ergriffen,

Des Lebens Sinn hat nun mich gestriffen.

 

STILLE, MEER, TRAUM

Mir, more, san

 

Einsamkeit. Kein warmer Atem wird mich streifen.

Zimmer über dem Meer. Schaumkronen tanzen.

Das Gesicht in den Händen, Augen schweifen:

Buch, Äpfel, Schatten auf den Zimmerpflanzen.

 

Stille. Das Licht lässt die Welt golden erscheinen:

Wald, Vogel, Feld, der Wind zaust in den Bäumen.

Dies Bild in der Erinn’rung macht mich weinen,

Lässt mich von schön’ren Augenblicken träumen.

 

Kleines Herz voller Liebe. Schlanke Brücke

Vom Licht beschienen, und hilflos meine Hand

Im Schilf und in den Binsen, Sonne überm Land.

 

Aus meinem Körper reiß ich Zornesstücke.

Frieden. Der Schmerz baut violette Türme:

Tränendes Auge, Zittern, Sinnesstürme.

 

UNBEKANNTES SAMENKORN

Nepoznata semenka

 

Wir betrachten es, dessen Namen wir nicht kennen.

Wir wissen nicht, was aus ihm keimt.

 

Voll unbekannter Geheimnisse ist es.

Lächelt rätselhaft in unserer Hand.

 

Wohin sollen wir es säen, mit wieviel Sonne

und Stille, mit wieviel Wassertropfen sollen wir es gießen?

 

Wird es zur duftenden Blume oder zum giftigen Unkraut?

Das Auge mit Glanz wird es erfüllen.

 

Brechen den grünen Stängel wir,

Ob wohl ein neues Blatt wird wachsen?

 

Wenig wissen wir, oft betrachten wir es.

Keimen wird es in unserer gebrochenen Seele.

 

REGEN UND GRÄSER

Kiša i vlati

                                   Der Tänzerin im Regen

 

Duft des Regens. Eros in den Halmen spielend.

Barfuß tanzt sie, kaum den Grund berührend.

Tänzerin des Wassers. Jeder Halm sich wiegend.

Ungehemmter Tanz: im Sommergras verführend.

 

Regentropfen-Rhythmus, klingende Noten,

Pollen, betäubende Lindendüfte.

Bringen im Traum mir die Sommerboten

Grünblättriges Licht, das durchflutet die Lüfte.

 

Nasses Haar, das Gewand an den Körper geschmiegt,

Tanzet den Tanz ihres Lebens im Regen

Wie ein Reh, das in sanftem Sprung sich wiegt.

 

Regenprinzessin, im Tanz wie verwegen!

Verwundert verfolgen wir die Schritte

Des irren Mädchens in unserer Mitte.

 

STERNE AUF DEM KISSEN

Zvezde na uzglavlju

 

Dies Getrenntsein

Die Schönheit der Jahre in der Taille

Küsse unvergesslich

 

Blass vor Erwartung

Folgt sie meinem Blick

Und dem Wink der Hand

 

Ich kenne dies Zaudern

Heimliches Zeichen der Liebe

Schmal die Schultern

Die Augen gesenkt

Angenehme Angst durchzittert den Körper

 

Weiß wie eine Wasserpflanze

So jung und so zart

Nicht einmal in ein Gedicht

Darf ich sie führen

 

Nur nächtliche Küsse

Und auf dem Kissen späte Sterne

 

MEINE LIEBSTE

Draga

 

Schlank, auf des Sommers Sand, liegt meine Liebste.

Ihre offenen Augen, getaucht in den Himmel.

Rätselhaft lächelnd hütet sie ihr Geheimnis.

 

Ich komme, strecke mich neben ihr aus und warte,

Dass auch in meine Augen ein Stück des Sommers tritt.

Warte eine ganze Ewigkeit und länger.

 

Nicht ich bin glücklich, glücklich ist meine Liebste.

Sie verwandelt sich ganz in Liebe und

Erstickt fast vor unerklärlichem Lachen.

 

Sobald sie es wünscht, entzündet sie mit den Lippen

Eine neue Sonne und holt sie mit schlanken Armen aus der Höhe.

 

LIED ÜBER EIN MÄGDLEIN

Beleška o devojčici

 

Dein Körper das Meer, deine Arme Wellen,

Unschuld ausstrahlend wasserblaue Augen.

Blumenkränze deine Haare erhellen.

Dein Atem kann mich der Sinne berauben.

 

Sieh da: Möwen flattern von deinen Händen.

Und deinen Leib durchströmen Sonnen-Träume,

Durchstreifen und strahlen auf deinen Lenden.

Auf deinen Schritten erblühen Mandelbäume.

 

Dein Körper das Meer, und in deiner Figur

Atmet aus ferner Gegend ein flinkes Reh.

Und im Sand und in den Wellen eine Spur

 

Von deinen Füßen, du flinkes Bienlein.

Plötzlich möchtest mein Mägdlein du sein, o weh,

Reif wie ein goldenes Apfelsinlein!

 

DIE AUGEN MEINER LIEBSTEN BEIM ABSCHIED

Oči moje drage dok me ispraća

 

Meine Liebste hat Augen wie Regentropfen in einer Rose

Während sie mich zur Schwelle unseres Hauses begleitet

Unter dem Dach unserer Jahre erzittert eine dunkle Sonne

In unserer Verwirrung sprühen Blitze der Verzweiflung

 

Über violette Berge gleitet ein warmer Abend

Und tritt ein in meine Liebste wie ein Dieb der Düfte

Meine Liebste legt eine Muschel ans Ohr und

Hört nichts außer dem Anprall der Meereswogen

 

Sie winkt mit den Armen wie eine Schwalbe

Ich sehe nichts mehr aber ich küsse sie aufs liebliche Auge

Und ahne bittere Jahre der Einsamkeit

Alle Dinge erinnern an ein gebrochenes Herz

 

QUITTE ODER FRAU

Dunja ili žena

 

Warum bist du keine Quitte, ihr Duft, Abbild der Frische,

Farbe, die das Auge verlockt und den Gedanken weit entfernt.

Nacktes Fleisch in Sehnsucht gehüllt, diese Hüften

Unter dem Kleid, unter vom Wind aufgeworfenen Falten.

 

Ich stelle mir vor, wie ich dich, du Unwirkliche, zeichne,

Während du über die Oberfläche des Meeres läufst und dich

Weit in einem Punkt weißen Teints wie eine Möwe verlierst.

Ich fliehe aus mir hinaus, reiße mich aus meiner Seele

 

Und notiere mir in Gedanken die Farbe deiner Pupillen.

Ich entferne mich in unbekannte Weiten, erforsche das kleine Herz

Der Quitte auf meinem Tisch, folge mit dem Blick der üppigen Form

Deines Körpers, wie dem gelben Gold ihrer Schale.

 

DAS MÄDCHEN PRESST IHRE KNIE ZUSAMMEN

Devojčica skuplja svoja kolena

 

Das Mädchen presst ihre weißen Knie zusammen,

Zwei helle Bälle, zwei Tropfen Zärtlichkeit,

Blumen mit geschlossenen Blütenkelchen.

Sie, die Schamhafte, liebt meine Hände auf ihren Knien.

 

Mein Blut weckt in ihr ein merkwürd’ges Licht,

Doch sie öffnet nicht die festen Schlösser der Liebe.

Da helfen weder Küsse noch tiefe Flammen,

Die sich heimlich in ihren Augen entzünden.

 

Ihr Weiß breitet sich aus im April des jungen Körpers.

Nichts lernte ich seit dem ersten Kuss. Ich sehe nur,

Dass der Hunger mit der Zeit größer wurde.

Den Morgen erwarten wir im Gras und das Licht in der Ferne.

 

Aus dem Serbischen ins Deutsche übertragen von Hedi Blech-Vidulić

 

JOVICA ĐURĐIĆ, geboren am 3. 10. 1949 in Glogovica bei Doboj, Republik Serbien (Bosnien und Herzegowina). Prosaiker und Dichter. Diplom der Pädagogischen Hochschule in Rijeka (Kroatien). Mitglied der Schriftstellervereinigungen Serbiens und der Republik Serbien.

Autor von 13 Poesie- und Prosabänden für Kinder und Erwachsene. Veröffentlichungen in zahlreichen Zeitungen und Zeitschriften. Übersetzungen einzelner Texte ins Englische, Russische, Italienische, Polnische, Tschechische, Türkische, Slowenische, Makedonische usw.

Veröffentlichte Bücher:

USNULA DEVOJKA, Gedichte, Svjetlost, Sarajevo, 1974

LARISA, Gedichte, Riječko književno društvo, Rijeka, 1974

LJUBIČASTO GORJE, Gedichte, Svjetlost, Sarajevo, 1976

SANAK SKLOPIOČIĆ, Geschichten für Kinder, Otokar Keršovani, Rijeka, 1983

KAKO VOLIM ANU, Kindergedichte, Izdavački centar Rijeka, Rijeka, 1983

RUKE VEČERNJIH LJUBAVNIKA, Gedichte, Izdavački centar Rijeka, Rijeka, 1984

LJUPKO TELO, Gedichte, Partizanska knjiga, Ljubljana, 1985

KOŠUTA I LOPOČI, (THE ROE AND WATER LILIES), zweisprachig, Gedichte, Vikend knjiga, Beograd, 2000

ISTRGNUTI RUKOPIS, Gedichte, Interpress, Beograd, 2004

NJENE OČI MORE, Gedichte, bibliophile Ausgabe (21 Exemplare), književni atelje, Malinska, 2004

ŽIRAFA ŽERALDINA, Kindergedichte, Ars Poetica, Beograd, 2005, zweite Auflage Ars Poetica, Beograd, 2006

SIMONINI OČI, Geschichten für Kinder, Bookland, Beograd, 2006, zweite Auflage Ars Poetica, Beograd, 2006

LEPO JE BITI KOD KUĆE, Kindergedichte, Bookland, Beograd, 2008, zweite Auflage ARS POETICA, Beograd 2008

Preisträger verschiedener Literaturwettbewerbe. Zweifacher Preisträger “Drago Gervais“ (Rijeka). Erhielt das Goldene Abzeichen der Gemeinschaft für Bildung und Unterrichtswesen Serbiens.

 

[email protected]       www.jovicadjurdjic.com